Genitalbeschneidung

In diesem Artikel soll es um das Thema "Weibliche Genitalbeschneidung (FGC) = weibliche Genitalverstümmelung (FGM)" gehen.

Was bedeutet Genitalbeschneidung?

Die Genitalbeschneidung bedeutet Verstümmelung des äußeren Genitals

Bei der FGM werden je nach Ethnie die Klitorisvorhaut, die Klitoris (Typ I), die kleinen Labien und teilweise auch die großen Labien entfernt (Typ II) und das Kind anschließend bis auf eine kleine Öffnung zum Ablaufen von Urin und Menstrualblut zugenäht (Typ III). Mädchen leiden ihr Leben lang an den Folgen

Weltweit

Über 200 Millionen Frauen weltweit von der Genitalbeschneidung betroffen, einer mehr als 5000 Jahren alten Tradition. Jedes Jahr kommen 2-3 Millionen Mädchen dazu. Die Betroffenen leben weltweit in über 70 Ländern, davon 29 in Afrika sowie weiteren im Mittleren Osten und Südost-Asien. (Siehe Prävalenzländer)

Bei uns

In Deutschland leben durch Zuwanderung etwa 104.000 betroffene Mädchen und Frauen, weitere ca. 18.000 Mädchen unter 18 Jahren sind gefährdet.

Warum?

Mädchenbeschneidung ist in den Traditionen der Geflüchteten tief verankert und ein Tabu, über das nicht gesprochen wird. Sie gilt als Vorbereitung des Mädchens auf das Leben als Frau. Die Sexualität der Frauen ist zu kontrollieren, Frauen sollen ihre Sexualität nicht genießen können, um treue Ehefrauen zu bleiben. In den Herkunftsländern haben Mädchen keine Bildungsmöglichkeit. Sie können keine Schule besuchen, weil Schulbesuch etwas kostet, deshalb wird dieser nur Jungen zuteil. Die einzige wirtschaftliche Absicherung ist die Heirat. Eine unbeschnittene Frau gilt als unrein, sie kann nicht verheiratet werden und ist aus der Gesellschaft ausgeschlossen.

Tradition auch hier

Viele Familien setzen unter dem Druck der Familie die Tradition hier fort und lassen ihre Töchter beschneiden – meist bei Besuchen in den Ferien im Herkunftsland, im Ausland, aber auch bei uns.

Oft wissen sie nicht, dass Genitalbeschneidung in Deutschland verboten und strafbar ist.

Beschneidung wann?

In welchem Alter Mädchen beschnitten werden, hängt von der jeweiligen Ethnie ab: von den ersten Lebenswochen, über das Kleinkindalter bis ans Ende der Pubertät im Rahmen von Hochzeitsvorbereitungen.

Meistens findet die Beschneidung ohne Betäubung unter unhygienischen Zuständen mit Rasierklingen oder Glasscherben durch alte Frauen statt, die keine medizinischen Kenntnisse haben und ihr Amt von Generation zu Generation vererben und hohes Ansehen genießen.

In einigen Ländern werden Beschneidungen auch in klinischen Einrichtungen durchgeführt, um die gesundheitlichen Risiken zu mindern und die hygienischen Bedingungen verbessert werden, die Folgen sind allerdings dieselben.

Zweit- und Mehrfachbeschneidungen (vor der Heirat, auf Wunsch der Schwiegerfamilie, als Disziplinierungsmaßnahme etc,) gibt es in Westafrika (u.a. Guinea, Nigeria, Gambia) und Ostafrika        (u.a. Somalia):

FGM ist ein Tabu!

‚FGM ist in den Herkunftsländern ein Tabu-Thema, das einem absoluten Schweigegebot unterliegt. Auch mit Mutter, Schwester, Freundin oder dem Ehemann wird nicht darüber gesprochen. Deshalb fällt es betroffenen Frauen sehr schwer, darüber zu reden. Von sich aus sprechen sie das Thema meist nicht an. Mit dem Erlebten, ihren Ängsten und Gefühlen sind sie allein.

Manche Frauen sind sich ihrer eigenen Beschneidung gar nicht bewusst und werden erst in Deutschland damit konfrontiert. Ihr oft gesundheitlichen Beschwerden führen sie nicht darauf zurück‘ (J. Cumar, Beratungsstelle stop mutilation Deutschland e.V.)

Wer stellt fest, ob eine Frau, ein Mädchen beschnitten ist?

Viele Ärztinnen und Ärzte, Hebammen und Pflegekräfte werden mit dem Thema weibliche Genitalbeschneidung konfrontiert. Bei Frauen aus den sogenannten Prävalenzländern müssen sie darauf vorbereitet sein.

Es geht dann darum, sehr sensibel mit den Frauen und Mädchen umzugehen, denn sie haben diese massive schmerzhafte und traumatische Prozedur oft verdrängt, obwohl sie täglich unter Schmerzen leiden. Die Frauen halten es für normal, so zu sein und wissen gar nicht, dass es Frauen gibt, die nicht beschnitten sind.

Woran merke ich, dass ein Mädchen (Kind, aber auch Jugendliche) akut gefährdet ist?

  • Wenn ein Mädchen aus einem Land mit Praktizierung von FGM stammt
  • Wenn ein Mädchen/ auch eine Jugendliche für eine längere Reise früher von der Schule beurlaubt werden möchte.
  • Wenn eine längere Reise ins Herkunftsland geplant ist.
  • Wenn ein Mädchen von einem großen Fest berichtet, das für sie veranstaltet wir

Mädchenbeschneidung ist in Deutschland eine Straftat

Die weibliche Genitalbeschneidung ist eine Straftat nach § 226a Strafgesetzbuch (StGB). Das gilt auch, wenn der Eingriff im Ausland vorgenommen wurde, weil die Eltern das Kind nicht beschützt haben, wenn sie ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Die tat kann mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden, den Aufenthaltsstatus der Familie gefährden oder familienrechtliche Konsequenzen wie Entzug des Sorgerechts für die Eltern haben

Was tun bei einem Verdacht auf drohende Genitalbeschneidung?

Das bedeutet eine Kinderwohlgefährdung und erfordert ein unmittelbares Handeln im Rahmen des Kinderschutzes nach § 8a SGB VIII. In diesem Fall können Berufsgruppen wie Ärzt*innen, Erzieher*innen, Lehrer*Innen, Sozialberater*innen u.a. das Jugendamt einschalten. Das Verfahren ist im § 4 KKG (Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz) geregelt.

Es gibt die Möglichkeit, sich zunächst anonym an das zuständige Jugendamt zu wenden und die Fragen zu besprechen.

Unter der Notfallnummer 08000 116 016 ist 24 Stunden Hilfe zu bekommen, auch in fremden Sprachen.

Die Organisation Beratungsstelle stop mutilation Deutschland e.V. in Düsseldorf steht ebenfalls zur Beratung bereit: j.cumar@stop-mutilation.org, Tel: 0211-93885791

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Vorkommen – Prävalenzländer (Daten der Beratungsstelle stop mutilation Deutschland e.V.)

Afrika: Weibliche Genitalbeschneidung wird in 31 afrikanischen Ländern praktiziert: Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Dschibuti, Elfenbeinküste, Eritrea, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea Bissau, Kamerun, Kenia, Kongo, Liberia, Malawi, Mali, Mauretanien, Niger, Nigeria, Sambia, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Sudan, Süd-Sudan, Tansania, Togo, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik.

In Südostasien – Indien, Indonesien, Malaysia, Pakistan, Sri Lanka, Thailand

Im Nahen Osten – Irak, Iran, Jemen, Oman, Vereinigte Arabische Emirate

In der russischen Teilrepublik Dagestan.

Über 90 Prozent der Frauen und Mädchen sind betroffen in: Dschibuti, Guinea, Somalia.

Über 80 Prozent in: Ägypten, Eritrea, Mali, Sierra Leone, Sudan.

In anderen Ländern kommt die weibliche Genitalbeschneidung nur in einigen Landesteilen oder bei bestimmten Ethnien vor.

Typ III ist vor allem verbreitet in: Dschibuti, Eritrea, Jemen, Oman, Somalia, Sudan, Süd-Sudan und in Teilen

Zweit- und Mehrfachbeschneidungen in Westafrika (Guinea, Nigeria, Gambia etc) und Ostafrika (Somalia etc):

 

Plan international.: Prävalenzländer Weltweit

Anteil der von FGM/C betroffenen Frauen. Quellen: FORWARD (Foundation for Women’s Health Research and Development), Stratégies concertées de MGF

Prävalenzländer in Afrika

Wikipedia: Regionale Verbreitung in Afrika (nach Daten von UNICEF, 2015, aktueller Stand 2019)[75]

Vortragsarbeit zum Thema Genitalbeschneidung

Gemeinsam mit weiteren Referenten habe ich einen Vortragsabend gestaltet, den der Soroptimist Club Werl veranstaltet hatte, um die Menschen der Region für das Theme Genitalbeschneidung aufmerksam