Häufige kindergynäkologische Probleme: Juckreiz und Ausfluss

Beschwerden mit Rötung, Juckreiz, Brennen und Ausfluss sind die häufigsten kindergynäkologischen Vorstellungsgründe.

Aber: Nicht alles was brennt ist eine Entzündung, nicht jeder ‚Ausfluss‘ ist krankhaft. Zwischen dem ca. 3.-9. LJ) kommen Pilze als Ursache so gut wie nicht vor.

Unspezifische Vulvareizung

  • Auffällig: Wenig grünliches, übelriechendes Sekret ohne oder mit nur leichter Beeinträchtigung des Kindes (manchmal etwas Brennen beim Wasserlassen), grün-gelbliche Spuren im Slip
  • Ursache: Nicht ungünstige Hygiene, ungünstige Miktionshaltung, Irritation durch Seife oder Badezusätze.

Therapie: Verbesserung der Hygiene (1 x täglich Waschen der Vulva), Verbesserung der Haltung auf der Toilette, eventuell einige Tage Verwendung von Wundsalben ohne Zinkanteil! Keine antibiotische Therapie!

Die Unspezifische Vulvareizung oder „Vulvovaginitis“ ist die häufigste Diagnose. Die Schweißdrüsen der Vulva produzieren viel Sekret, Mädchen sitzen oft falsch auf der Toilette mit in die Schüssel hängendem Po, wobei immer etwas Urin in die Scheide fließt, beim Aufstehen sammelt sich dieser am Scheidenausgang, die Region wird durch die Labien verschlossen und mit den lokal typischen Keimen bildet sich das überriechende, grünliche Sekret.

Die Therapie besteht im Verbessern der Haltung auf der Toilette und der Genitalhygiene. Mütter und Mädchen sind zu unterweisen, dass zur Miktion solange ein Antritt oder ein Kindersitz nötig ist, bis das Kind auf der Toilette sitzend gut mit den Füßen auf dem Boden stehen kann. Das Kind sollte aufrecht mit weit gespreizten Beinen sitzen. Wie auch Gesicht und Hände muss die Vulva einmal täglich mit für Kinder vorgesehenen Seifen oder Waschlotionen gereinigt werden, am besten mit den bloßen Fingern, um in alle Fältchen zu kommen. Danach Abspülen mit klarem Wasser. Ab 4 Jahren können Mädchen dies unter Aufsicht der Mutter selber tun.

 

Verklebung der Vulvaränder als Folge häufiger Vulvareizungen (Vulva/Labiensynechie)

Beschwerden: Gefühl, dass immer Tröpfchen Urin austreter, der Slip ist immer mehr oder weniger feucht.

Befund: Verklebung der Vulvaränder mit oft nur kleiner Öffnung zum Abfluss der Urins

Verklebungen meist der Vulvaränder (Vulvasynechie) oder der kleinen Labien (Labiensynechien) sind bei Untersuchungen kleiner Mädchen ein häufiger Befund durchaus schon ab der U3 zu erheben. Die Häufigkeit wird in der Literatur mit 1,5 bis 38 % der Mädchen angegeben. Die Verklebung ist nach der Geburt  erworben, durch Reizungen der Haut im feuchtwarmem Windelmilieu, oder durch mangelnde oder übertriebene Hygiene und dadurch wiederholte Vulvareizungen. Dabei kann der freie Harnabfluss behindert sein, es kommt zu partiellem Urinfluss in die Tasche hinter der Verklebung, was Ursache für Harnträufeln oder rezidivierende Harnwegsinfekte sein kann.

Die meisten Synechien sind beschwerdefrei, sie bedürfen keiner Therapie. Mit der Östrogenisierung ab der Präpubertät eröffnen sie sich in der Regel spontan.

Verbesserung der Hygiene wie richtige Miktionshaltung, Weglassen von reizenden Substanzen wie Feuchttüchern und vorsichtiges Abputzen mir weichem Toilettenpapier, sowie tägliches Waschen. Bei Harnträufeln oder rezidivierenden Harnwegsinfekten ist eine Lösung der Verklebung mit direkt auf die dünne Raphe mit einem Q-Tipp unter leichtem Druck aufgebrachter Estriolsalbe bei richtiger Anwendung meistens möglich. Es besteht bis zur Präpubertät eine hohe Rezidivgefahr.

 

 

 

 

 

 

 

 

Vulvovaginitis bei vaginalem Fremdkörper

Beschwerdeb: anhaltender oder rezidivierendem ausgeprägter übelriechender Fluor, zunehmendes Krankheitsgefühl

Befund: Die Vulva ist gerötet, aus der Scheide entleert sich eitriger bis bräunlicher Fluor. Im Ultraschall kann man oft einen Fremdkörper in der Scheide sehen.

Diagnose: Vulvovaginitis durch vaginalen Fremdkörper

Therapie: Entfernung des Fremdkörpers und vaginale Spülung durch ausgebildete Ärzte

Kleine Kinder neigen dazu, sich kleine Gegenstände in Körperöffnungen zu stecken, so auch in die Scheide. Bei rezidivierendem übelriechendem Fluor sollte immer an einen Fremdkörper gedacht werden. Am häufigsten werden Stückchen vom Toilettenpapier, Murmeln, Bohnen oder Büroklammern gefunden.

 

 

Vulvovaginitis bei Madenwürmern

Beschwerden: Nächtlicher Juckreiz um das After sowie nächtliches Aufwachen mit Weinen und Schmerzen ‚in der Scheide‘

Befund: gelegentlich leichte Rötung des Afters, Kratzspuren; selten Nachweis von Oxyuren bei der Untersuchung, im Stuhl oder Nachweis von Wurmeiern auf einem morgendlich vor dem Waschen anal aufgebrachten Tesafilmstreifen.

Therapie: Gabe eines dafür zugelassenen Wurmmittels  bevorzugt mit fetter Nahrung, dann bessere Resorption. Wiederholung nach 14 und 28 Tagen,. Eine Mitbehandlung der Familie ist sinnvoll.

Madenwurminfektionen sind je nach Untersucher bei 10-25 % der Vulvovaginitiden ursächlich [15]. Der Mensch ist der einzige Wirt. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral, aber auch häufig inhalativ beim Einatmen von Wurmeiern z.B. beim Aufschütteln von Betten.

Häufig, aber oft erst spät erkannt:

Es juckt und die Vulvahaut sieht weißlich, rissig und manchmal auch unterblutet aus

Lichen Sclerosus> eine chronisch entzündliche Hauterkrankung

Typische Erzählung 1) Ein 5-jähriges Mädchen kommt zur Vorstellung wegen unstillbaren vulvären Juckreizes seit einem Jahr. Es reibe sich überall, im Kindergarten habe das schon zu Irritationen und zu komischen Bemerkungen geführt, man solle mal einen Psychologen aufsuchen. Besonders abends schlafe das Mädchen wegen des Juckreizes nicht ein. Mehrere Arztbesuche mit Abstrichen und Verordnung von Salben gegen Pilze oder bakterielle Entzüngungen haben kein Ergebnis und keine Linderung gebracht. Die ganze Familie ist verzweifelt.

Typische Erzählung 2) Eine Mutter stellt ihre 6-jährige Tochter vor. Wegen Blutspuren im Slip hatte sich die Mutter die Vulva angesehen und vermutet aufgrund des Hautbildes, dass das Mädchen sexuelle Übergriffe erlebt hat.

Befund: 8-förmig um Vulva und Anus herum findet sich eine glänzende Hautrötung mit fleckförmiger oder flächiger weißlicher Entfärbung um die Klitorius oder im Bereich der kleine Labien

Das Vollbild eines spät entdeckten Lichen zeigt Einrisse , Einblutungen, Entfärbung und Verhärtung oder Atrophie (dünner werden) der Hautschichten Oft bestehen in diesem Stadium gar keine großen Beschwerden und der Befund wird eher zufällig entdeckt.

Diagnose: frühe und fortgeschrittene Form des Lichen sclerosus, die Diagnose ist eine Blickdiagnose, bei Kindern werden keine Biopsien genommen. Abstriche sind unnötig, da sie keine Auskunft geben.

Therapie: 12-wöchige Therapie nach einem festgelegten Schema mit einer Kortisonsalbe oder einem Calcinertinantagonist in Salbenform.

Lichen sclerosus ist eine im Kindesalter sehr häufige, oft unerkannte, sehr erworbene, nicht infektiöse und nicht übertragbare chronisch rezidivierende entzündliche Hauterkrankung, die überwiegend im Vulva- und Analbereich, selten auch an anderen Körperstellen auftreten kann. Oft wird sie mit Windeldermatitis oder Pilzinfektionen verwechselt. Die Erkrankung kommt in allen Altersstufen vor mit erstem Gipfel in der hormonellen Ruhephase (2-9 Jahre), mit Beginn der Pubertät bleibt die Hautproblematik bestehen, aber es gibt seltener Rezidive und Beschwerden.

Bei Jungen äußert sich der Lichen sclerosus als Balanitis sclerotica, die zur Phimose führen kann.                                                                                                                             Die Mädchen klagen über anhaltenden quälenden, nicht beherrschbaren Juckreiz, der zu irritierenden genitalen Manipulationen verleiten kann. Brennen beim Wasserlassen und Schmerzen bei der Defäkation sowie Blutspuren im Slip sind weitere Anzeichen.

Ursächlich für das Krankheitsbild ist eine Entzündung in der Haut.

Die genaue Ursache ist weitgehend ungeklärt. Der Lichen sclerosus scheint zum Formenkreis der Autoimmunerkrankungen zu gehören. Eine genetische Komponente ist ebenfalls wahrscheinlich.

Lichen sclerosus muss behandelt werden!

Lichen sclerosus zerstört das elastische Bindegewebe und führt unbehandelt zu anatomischen Veränderungen der Haut mit Narbenbildungen und Beschwerden.

Bei frühzeitiger Diagnose und regelmäßiger Kontrolle kann bei Mädchen ein Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten werden, oft verschwindet das typische Hautbild bei gutem Ansprechen für lange Zeit vollständig. Die chronische Erkrankung verläuft in Schüben und kann durch mechanische und chemische Reizung, Allgemeininfekte und Stress ausgelöst werden.

Eine heilende Behandlung ist zurzeit nicht möglich. Die adäquate Behandlung ist symptomatisch mit lokal applizierten hochpotenten Kortisonsalben oder als 2. Wahl Calcineurinantagonisten wenn Cortison nicht vertragen wird. Andere Substanzen haben keine erfolgsversprechenden Ergebnisse gezeigt.

Viele Eltern und auch Ärzte und Apotheker fürchten eine längere Anwendung von Cortison, dies ist im Fall der Behandlung des Lichens bei richtiger Applikation unberechtigt.

Umfassende Aufklärung einschließlich Literatur und Buchhinweisen finden Sie auf der Webside des Schweizer Lichen sclerosus Vereins www.lichensclerosus.ch